Dienstag, 27. Juni 2017

Serien-Kritik: "Tote Mädchen lügen nicht"

Normalerweise würde ich diesen Beitrag anders angehen, aber die Herangehensweise, Art und Hauptthema dieser Serie inspirierten mich...zu einer offensichtlichen Bearbeitung wie es sie schon einige Male gibt, aber so gut wie keine in Deutsch. Von daher: "Tote Mädchen lügen nicht", hier sind 13 Gründe, warum du eine miese Serie und eine einzige Enttäuschung bist.

1. Die Idee klingt interessant - zumindest bis man sich tatsächlich mit dem Inhalt befasst.

 Highschool-Schülerin Hannah Baker bringt sich um und hinterlässt 7 Kassetten, um ihre Gründe zu erklären. Und dieser eine Junge, der mit ihr verknüpft war, liest eine Seite nach der anderen und das sehr, sehr langsam; insgesamt gibt es hier einen Mix zwischen Jetzt und den "Flashbacks", die sich der Protagonist einfach viel zu gut einbildet, dafür dass er eine recht vage Beschreibung seitens einer Toten hört.

2. Die meisten Charaktere sind schmerzhaft einseitig...oder die Teenager heutzutage sind wirklich so. OK, sie sind vielleicht wirklich so.

Der schüchterne Nerd, die beliebte Cheerleaderin, die Emo-Esoterikerin, der grobe Basketball-Kapitän - welches Klischee aus Film X oder Y einem auch einfällt, es ist hier. Nehmt die Smartphones, Internet & Co. weg und wir befinden uns ohne Probleme in den 80ern.

3. Hannah Baker ist eine der schlechtesten Protagonistinnen aller Zeiten. Wahrscheinlich.

Ein Mädel, von dem wir als Zuschauer so gut wie gar nichts wissen und noch weniger erfahren werden - und was man erfährt, stößt einen eher weg von der lieben Hannah. Und dass die Serie es innerhalb von 13 Stunden Material so gut wie nichts einem von dem Menschen Hannah Baker zu vermitteln schafft, spricht seinerseits mehr als auf 7 Audiokassetten passen würde. Außerdem ist sie eine fürchterlich manipulative, hinterlistige, selbstsüchtige und drama-süchtige junge Frau, die ein tatsächliches Verbrechen auf die gleiche Stufe stellt wie mehrere kleine Lappalien.

4. Die Highschool existiert abseits jeglicher Realität. Wie die Schüler, so die Schule eben.

Man darf recht öffentlich Alkohol trinken, sehr offen über Suizid reden und ohne jegliche Konsequenzen der Schule fernbleiben ? Fuck, wo war diese Schule als ich noch Schüler war.

5. Teenager-Lingo oder auch LOL, WTF YO, FML FOR DA LULZ

Mannomann tut es weh zu hören, wie Jugendliche heutzutage reden oder wohl eher wie sich Leute (die weit entfernt der Realität bewegen) vorstellen, wie diese reden.

6. Der Charakter Bryce

Von allen klischeehaften Charakteren der mit den wohl meisten Klischees am Start. Ich habe Cartoons gesehen, die solche Typen realistischer rüberbringen.

7. Der Charakter Tony

Ich mag diesen Charakter irgendwie (vermutlich weil er auf eine pathetisch lächerliche Weise der Schlüssel zu jeder Erinnerung, jedem Ereignis und unendlicher Weisheit und Coolness ist), aber seine Omnipotenz ist einfach nur mehr als unglaubwürdig und man lacht bei jeder seiner Erscheinung herzlich mit.

8. Clay ist besonders gegenüber Tony (buchstäblich) der wohl impotenteste Mensch überhaupt.

Kein Rückgrat, keinerlei Fähigkeit zum kritischen Denken und absolut verblendet.

9. Schlechtes Verhalten soll belohnt werden...ne, wirklich

Hannah ist oftmals selbst ein Arschloch gegenüber ihren Mitmenschen, aber erwartet bedingungslose Liebe und Anerkennung von allen anderen Menschen. Clay hat keinerlei Rückgrat, um ein ernsthaftes Verbrechen sofort zu melden, sondern bemüht sich darum, möglichst cool dieses selbst aufzuklären. Hört mir bloß auf.

10. Wo sind die anderen Lösungsvorschläge, wenn man gemobbt wurde ?

Läuft wirklich alles auf den romantisierten und fetischierten Suizid hinaus ? Jep.

11. Ist es beabsichtigt, dass ich mit fast jedem anderen Charakter mehr sympathisiere als mit Hannah ?

Schwieriger Haushalt, strenge Eltern und unkonventionelle Verhältnisse - all die Sachen, mit denen Hannah nicht konfrontiert ist, sondern fast all die, die auf ihren Kassetten drauf sind. Hinterher wird man sich eher fragen, wie nicht einige andere mit einem Suizid von der großen Weltbühne weggetreten sind.

12. So ziemlich jeder richtige Experte in Sachen Suizid, egal ob Psychologe oder eine andere Profession, wies die Serienmacher extra vor Ausstrahlung auf zahlreiche Probleme in Bezug auf das Thema hin. Was war die Konsequenz ?

Nichts inhaltliches, nur ein paar Hinweise bei einigen Folgen. DAS REICHT NICHT ! Man kann nicht einfach erzählen, dass Suizid eine tolle Art der Rache wäre oder dass kleinere Lappalien (wie mal ein Arschloch sein) ebenso schwer wiegen wie Vergewaltigung, Mord und ähnliche Konsorten - und das Wichtigste: Egal, was einem im Leben widerfahren ist, Suizid ist nicht die Lösung und niemand anders trifft für einen die Entscheidung, das eigene Leben zu beenden.

13. Die zweite Staffel wird sich thematisch um einen Amoklauf handeln

 Man kann sich vorstellen, dass wenn die Macher sich nicht die Mühe bei einem "normalen" Suizid machen wollten, diese fehlende Mühe auch hier der Fall sein wird. Ich kann gar nicht erst all die Klischees abwarten.

Und nun Realtalk: Als jemand, der selbst Mobbing ausgesetzt war und mehrfach mit dem Gedanken des Suizids rumspielte (und einige Male nah dran war, diese Gedanken Realität werden zu lassen), sowie einige ähnliche Personen entweder gut kannte oder immer noch gut kenne - Suizid ist keine Antwort, erst recht nicht bei Mobbing. Wenn man betroffen ist, sollte man am besten mit einer oder noch besser, mit mehreren Vertrauenspersonen sprechen.

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