Mittwoch, 12. September 2012

"Die Klasse"

Story: In der Pariser Vorstadt versucht der Französisch- und Literatur-Lehrer Francois Marin seiner Klasse mit mehr Toleranz zu begegnen als seine Kollegen. Er setzt sich auch gegen das Kollegium für seine Schüler ein und versucht, einen sinnvolleren Einsatz von Sanktionen zu bewirken. Das einzig wirksame Mittel der Lehrer, so die weitgehende Meinung, ist das Disziplinarverfahren, das immer mit einem Schulverweis endet.
 
Als der Film begann und man einen Einblick in den Französisch-Unterricht erhielt, fragte ich mich, ob das nicht womöglich ein Problem wird. Man hat nämlich die Schwierigkeiten des Französischen mit "Äquivalenten" im Deutschen "übersetzt". Mein erster Eindruck bestätigte sich jedoch nicht. Obwohl es manchmal sicher nicht ganz gelungen ist, die Dinge gut zu übertragen, ist zumindest das "Duzen" und "Siezen" aus dem Französischen 1:1 ins Deutsche übertragbar.

Die Klasse ist ein gesellschaftlicher Querschnitt durch die Pariser Klischee-Vorstadt: Hoher Migrantenanteil, wenig Lernwille, etc. Zumindest ist das der erste Eindruck. Allerdings versucht der Film konstant, anhand unterschiedlicher Fallbeispiele (die Darstellung individueller Schüler) diesen Eindruck zu korrigieren.

Der Film zeigt das Geschehen konstant aus der Perspektive der Lehrer. Man sieht diese in Nahaufnahmen, während der Pausenhof aus größerer Entfernung gezeigt wird. Man sieht nur selten Gespräche unter den Schülern, wenn kein Lehrer dabei ist, während man das Lehrer-Kollegium von der Vorstellungsrunde zu Schuljahresbeginn bis hin zu einigen Unterhaltungen untereinander erlebt.

Themen wie Gewalt an Schulen, Burn-out der Lehrer werden genauso thematisiert wie die Gefahr, dass Eltern oder Schüler abgeschoben werden können, wenn sie sich illegal in Frankreich aufhalten.

Außerdem versucht der Film meiner Meinung nach das Grundpoblem zu schildern. Die Schüler stehen solidarisch gegen die Lehrer, da sie sich von diesen von oben herab behandelt fühlen. Durch die Aufnahmen im Lehrerzimmer erfährt man, dass einige Lehrer aus Verzweiflung tatsächlich resignieren und auf ihre Schüler herabblicken und erwarten, dass diese nie aus der Vorstadt herauskommen.

Das größte Problem des Films ist die mangelnde Dramaturgie. Man verfolgt die Klasse ein Schuljahr lang und es wird nur einmal wirklich spannend, nämlich in der Situation, in der ein Schüler wegen eines "Ausrasters" vor die Disziplinarversammlung muss. An der Entscheidung dieses Gremiums hängt mehr als Francois Marin zunächst vermutet.

Ich habe eben gerade noch gelesen, dass der Lehrer vom Autor der autobiographischen Roman-Vorlage verkörper wird. Ich finde, dass sowohl seine schauspielerische Leistung wie auch die der Schüler sehr überzeugend ist. Die Übersetzung des Titels "Entre les murs" (Zwischen den Mauern) ist dagegen sehr frei und gefällt mir nicht sonderlich. Ich finde, dass der deutsche Titel im Vergleich nichtssagender ist und die Aussage des Films kein bisschen reflektiert, im Gegensatz zum Original-Titel.

Fazit: Alles in allem zeigt er sehr viele soziale Probleme, von denen eine Vielzahl sicher auch auf Deutschland übertragbar ist. Gleichzeitig ist er aber meiner Meinung nach nicht als Unterhaltungsfilm zu empfehlen. Dieser Film will zum Nachdenken anregen, indem er scheinbar ausweglose Situationen schildert.

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