Montag, 27. Juli 2015

Alt gegen Neu: Raimi-Spider-Man (2002-2007) gegen Webb-Spider-Man (2012-2014)

Da ich nicht besonders oft in dieser Rubrik schreibe, noch einmal kurz die Spielregeln: Ich vergleiche zwei Filme entweder gleichen Materials oder derselben Franchise aus verschiedenen Zeitepochen; einfach gesagt: Das Original und das Remake/Reboot. In diesem Fall ist es letzteres wie der Titel es bereits vermuten ließ.
Spider-Man hatte eine interessante Rolle als Filmheld - trotz Blade und den X-Men war er derjenige, der das Superhelden- und Comicbuch-Genre im großen Blockbuster-Stil zurückholte und zum Prototypen für die 00er wurde. Interessanter-/Nervigerweise gab es bereits zwei verschiedene Variationen innerhalb von etwas mehr als 10 Jahren und Marvel wird nach dem neuesten Deal mit Sony nun endlich selbst Hand anlegen - nun aber endlich mein persönlicher kleiner Vergleich.

Handlung: Die alte "Spider-Man"-Trilogie verfolgte den recht einfachen Ansatz einer typischen 3 Akte-Struktur mit einem Comicbuch-Rahmen; der Hauptbösewicht wird aufgebaut, in der Mitte gibt es Konflikte unter all den Charakteren und am Ende wartet die finale Schlacht. Die neuen "Spider-Man"-Filme hingegen wollten in erster Linie Filme sein und nicht bloße Comicbuch-Adaptionen, wodurch die Struktur deutlich komplexer ausfällt mit mehreren Nebenhandlungen und Ansätzen für weitere Fortsetzungen. Ich persönlich bevorzuge lieber Filme, die eigenständiger und kompakter (dadurch womöglich simpler gestrikt) sind als Filme, die möglichst viel aufbauen wollen, nur um erwachsener zu wirken. In Webbs "Spider-Man"-Universum gibt es allein im ersten Streifen zahlreiche ungelöste Fragen bezüglich Parkers Eltern, einer chemischen Superwaffe und dem Mörder von Onkel Ben; in der Fortsetzung kommt ein mysteriöser Freund aus der alten Zeit dazu, dann ein obsessiver Fan und als Krönung des Ganzen der Rhino, von dem fast nichts zu sehen ist...neben der Schuld, die Peter Parker wegen Gwens Vater fühlt, einer möglichen Konstruktion der Sinister Six, des geheimnisvollen Mannes hinter diesen sechs Schurken und dann noch die Beziehung zu Gwen Stacy. In der Original-Trilogie waren lediglich die Beziehung zwischen Peter und Mary Jane, sowie das Verhältnis zwischen ihm und Harry Osborn Nebenhandlungen, die durch alle Filme verliefen, alles andere wurde meist im gleichen Film gelöst, in dem es anfing. Punkt für die Original-Trilogie.

Action: Sam Raimi ist zwar eher der Horror- als der Action-Typ und das merkte man seiner "Spider-Man"-Trilogie auch an, zumindest beim Start, als alles noch recht unbeholfen und zu fake aussah. Aber hey, die spektakuläre Zug-Szene aus "Spider-Man 2" und die U-Bahn-Szene aus "Spider-Man 3" sind einige der besten Beispiele wie man Spider-Mans Fähigkeiten wunderbar auf einer großen Ebene demonstrieren kann. Das Reboot unter Webb wählte einen anderen Ansatz und zwar fand man es besser, vor allem die Agilität auf kleinstem Raum zu demonstrieren, was auch recht gut gelang, vor allem in der Bibliothek-Szene im ersten Teil; im zweiten Teil kam ein exzellenter Einsatz von Slow-Motion dazu - welche Action ist nun die bessere ? Für mich ist Spider-Man ein Held, der wie auf großem so auch auf kleinem Raum zu funktionieren hat, um beeindrucken zu können, weswegen dies hier für mich in einem Unentschieden endet.

Nebencharaktere/Romanze: Dies ist indiskutabel ein Punkt für das Reboot, denn die Chemie zwischen Emma Stone und Andrew Garfield ist (womöglich auch weil sie im echten Leben ein Paar sind) eine der stärksten, glaubhaftesten und irgendwo auch süßesten, die es in den letzten Jahren gab. Keine Sekunde dran hab ich daran gezweifelt, dass diese beiden zusammen sind und all die ganzen Sachen durchmachen, die ein Pärchen nun mal so durchmachen muss und die Romanze zwischen den beiden ist einer, wenn nicht der stärkste Aspekt des Reboots. Das Original bietet dagegen eine der frustrierendsten Beziehungen überhaupt, da laut der filmenübergreifenden Handlung Kirsten Dunst und Tobey Maguire ständig zusammenfinden und sich wieder trennen...verbunden mit schmerzhaftem Dialog und all den schrecklichen Klischees einer drittklassigen Romcom. Von den restlichen Nebencharakteren fällt zwar beim Original eindeutig J.K.Simmons als J.Jonah Jameson auf und er hat sich mit der Rolle unsterblich gemacht, aber eine gute Romanze ist für mich in diesem Fall wichtiger als ein Nebencharakter. In Spider-Mans Fall spielt seine Freundin meist eine sehr große Rolle und besonders bei Gwen Stacy war es sehr wichtig, dass wir diese mögen und dies hat man im Gegensatz zu Mary Jane Watson geschafft. Punkt für das Reboot.

Bösewichte: Ein Held ist meistens nur so interessant wie seine Bösewichte und neben Batman hat Spider-Man eine der buntesten und größten Schurken-Riegen in der Geschichte der Comics. Leider kann ich aber nur direkt den Grünen Kobold vergleichen, der in beiden Versionen auftaucht und hier fand ich ihn im Original besser aufgezogen, da ihm und seiner Hintergrundgeschichte mehr Zeit und Sorge gegeben wurde, während er im Reboot mit anderen Schurken zu konkurrieren hatte. Das Original bot für mich aber vor allem die definitiven Versionen von Doc Oc (wunderbar gespielt von Alfred Molina) und dem Sandman (ebenso wunderbar gespielt von Thomas Hayden Church), wogegen das Reboot mit einem guten Electro (solide gespielt von Jamie Foxx) und einem ordentlichen Lizard (gut gespielt von Rhys Ifans) punkten kann. So sehr die neuen Bösewichte ernster zu nehmen sind als die alten, so sind die alten deutlich leichter einzuprägen und bleiben länger im Hirn haften - die Comicnähe bringt dem Original den Punkt.

Peter Parker/Spider-Man: Dies ist sehr schwer, denn meiner Meinung nach haben weder Tobey Maguire noch Andrew Garfield den kompletten und definitiven Spider-Man verkörpert, aber dieser Charakter ist auch recht breit gefasst und hat bereits dutzende kleine Veränderungen durchgemacht. Maguire basiert eindeutig auf dem 60er-Nerd-Parker, während Garfield den 90er-coole Sau-Parker spielt; der eine ist der bessere Underdog-Nachbarschaftsheld und der andere der bessere Sprücheklopfer-Spinner. Beide können zwar gelegentlich ins schauspielerische Territorium des anderen gelangen, sind aber letztendlich recht eigenständig und verschieden - wer ist nun besser ? Dies ist persönliche Präferenz wie ich finde, aus diesem Grund würde ich hier auch ein Unentschieden ausrufen.

 Insgesamt gewinnt also knapp die Original-Trilogie, aber auch nur weil diese für das meiste mehr Zeit nahm und das Reboot merzte dafür vor allem die zwischenmenschlichen Probleme des Originals aus. Ich hoffe jedenfalls, dass Marvel es schaffen wird, entweder das Beste aus diesen zwei Versionen zu vereinen oder etwas so derartig Originelles zu kreieren, sodass dies dann für mich eindeutig der definitive Spider-Man werden wird. Immerhin bekam Marvel ja auch schon den definitiven Iron Man hin, nur so als Beispiel.

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